Umweltschützer warnen vor russischem Einfluss auf Brennelementefabrik Lingen
Atomkraftgegner und Umweltverbände warnen vor drohendem russischen Einfluss auf die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen. Anlass sind gemeinsame Erweiterungspläne des französischen Betreibers Framatome und des staatseigenen russischen Atomkonzerns Rosatom, die ab Mittwoch dort Gegenstand eines Erörterungstermins sind. "Die Brennelementefabrik Lingen darf nicht zum nuklearen Vorposten des Kreml in Westeuropa werden", verlangte Alexander Vent vom Bündnis Atomkraftgegner*innen im Emsland (AgiEL).
Für die Erörterung unter Leitung des niedersächsischen Umweltministeriums wurden insgesamt 11.000 Einwendungen eingereicht. Framatome und Rosatom wollen in Lingen Brennelemente russischer Bauart für Atomkraftwerke in Osteuropa herstellen. Dazu hielten sich auch in den vergangenen Monaten bereits russische Atomexperten für Schulungen des Personals in Niedersachsen auf. "Die Passivität der deutschen Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang ist fatal", kritisierte Vent.
Angelika Claußen von der Organisation Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriege (IPPNW) wies darauf hin, dass Rosatom "als russische Atombehörde auch für das russische Militär eine wichtige Rolle spielt". So verwalte und verantworte Rosatom die Einsatzfähigkeit russischer Atomwaffen, sei an der russischen Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja beteiligt und vom Militär mit der Entwicklung atomarer Marschflugkörper beauftragt.
Rosatom daher zu einer Zeit, in der Russlands Machthaber Wladimir Putin "mit dem Einsatz von Atomwaffen droht", nach Deutschland einzuladen, sei "völlig inakzeptabel", betonte Claußen. "Ein Einstieg Rosatoms in die Brennelementefertigung in Lingen gefährdet die innere und äußere Sicherheit Deutschlands", erklärte auch Bettina Ackermann von der Organisation ausgestrahlt. "Er öffnet Tür und Tor für gefährliche Manipulationen und gibt dem Kreml neue Druckmittel in die Hand", warnte auch sie. Ackermann forderte die Regierenden in Bund und Ländern auf, "diesen Irrsinn jetzt zu stoppen".
"Mit dem Einstieg Rosatoms in die Lingener Brennelementefabrik baut der Kreml seinen Einfluss im europäischen Energiesektor weiter aus und füllt nebenbei seine Kriegskassen", kritisierte auch der Vorsitzende des Umweltverbands BUND, Olaf Bandt. "Deutschland darf sich nicht zum Gehilfen Putins machen", forderte er weiter. Dafür dürfe es keine deutsche Genehmigung geben. Wichtig sei vielmehr die Energiewende voranzutreiben und erneuerbare Energien weiter auszubauen.
Zuständig für die Genehmigung der Erweiterungspläne von Framatome und Rosatom ist das Land Niedersachsen. Allerdings kann auch die Bundesregierung Bedenken dagegen geltend machen - was sie in der Vergangenheit auch getan hat. Einwände sollen laut Medienberichten auch von deutschen Geheimdiensten vorgebracht worden sein. Führende Grünen-Politiker haben sich ebenfalls wiederholt gegen die Ausbaupläne gewandt.
S.Vandenberghe--JdB