Bundesrechnungshof: Maßnahmen zur Energiewende "ungenügend"
Die Energiewende in Deutschland hinkt den Erwartungen weiter deutlich hinterher. Der Bundesrechnungshof bezeichnete die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung in einem am Donnerstag veröffentlichten Sonderbericht als "ungenügend". Damit gefährde die Regierung das Erreichen der Klimaziele und den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Das Urteil des Sonderberichts ist deutlich: Die Bundesregierung verfehle alle ihre energiepolitischen Ziele: Die Versorgung sei gefährdet, der Strom teuer und die Umweltwirkungen könnten nicht umfassend bewertet werden. Die Behörde forderte ein umfassendes Monitoring, auch um rechtzeitig nachsteuern zu können.
Auch laut einer Untersuchung im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) kommt die Transformation nicht in Schwung: "Der Umbau verläuft nach wie vor zu träge, zu kraftlos und zu umständlich", sagte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt in München.
Anlass zur Sorge geben demnach der stockende Netzausbau und die Energiepreise. Für das mittlerweile zwölfte Monitoring des VBW analysierte die Beratungsfirma Prognos offizielle Statistiken von Bundes- und Landesbehörden und glich diese mit den Zielvorgaben der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung ab. Die Daten stammen vorwiegend aus dem Jahr 2022, teilweise auch aus dem vergangenen Jahr.
Das Ergebnis der Studie bezeichnete die Wirtschaftsvereinigung als "alarmierend". Beim Netzausbau hinke Deutschland den Zielen weit hinterher. "Weder bei den großen Übertragungsleitungen noch beim regionalen Verteilnetz darf es weitere Verzögerungen geben", forderte Brossardt. Dazu müssten auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren "entschlackt, modernisiert und vereinfacht" werden.
Der Bundesrechnungshof sieht die Ausbauziele ebenfalls stark gefährdet: So konnte die Bundesnetzagentur im Jahr 2023 lediglich 50 Prozent des Zielvolumens für Windenergieanlagen an Land vergeben: statt 12,84 Gigawatt (GW) waren es 6,38 GW. Um den Zielpfad zu erreichen, müsste sie im Jahr 2024 nunmehr 16,46 GW vergeben. "Das ist nicht realistisch", erklärte die Behörde.
Außerdem sei ein erheblicher Ausbau der Stromnetze nötig. Dieser liege jedoch erheblich hinter der Planung zurück. Der Rückstand beträgt laut Bundesrechnungshof sieben Jahre und 6000 Kilometer.
Gerade in Bayern bestehe beim Ausbau der Windkraft noch enormer Handlungsbedarf, so die VBW. Rein rechnerisch müsste der Freistaat zwei große Anlagen pro Woche in Betrieb nehmen, um die energiepolitischen Ziele zu erreichen. 2023 waren es tatsächlich sieben - im gesamten Jahr.
Sorge bereitet der VBW zudem die Entwicklung der Energiepreise. Die Vereinigung warnte vor einer "schleichenden Deindustrialisierung" und forderte international wettbewerbsfähige Preise, für die ein breit angelegter Brückenstrompreis nötig sei. Zusätzlich müsse die Stromsteuer für alle Unternehmen dauerhaft abgesenkt werden. Auch die von der Bundesregierung gestrichenen Zuschüsse für die Netzentgelte seien wieder erforderlich.
"Wir können keinerlei Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr erkennen", sagte Brossardt. Auch auf den ersten Blick gute Entwicklungen seien "kein Grund zur Freude". So seien die CO2-Emissionen zuletzt zwar gesunken, dies sei allerdings auf die gedrosselte Produktion der Betriebe wegen des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds zurückzuführen.
Positiv sieht der Wirtschaftsverband dagegen die wachsende Akzeptanz in der Bevölkerung, insbesondere in Bayern. Daran müsse auch die VBW anknüpfen und den Menschen erklären, "dass die Verfügbarkeit von günstigem grünen Strom bereits heute darüber entscheidet, wo investiert wird und wie viele Arbeitsplätze es geben wird", so Brossardt.
O.Leclercq--JdB