Scholz fordert von Russland "eindeutige Schritte" zur Deeskalation im Ukraine-Konflikt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor seinem Besuch in Moskau von Russland "eindeutige Schritte" zur Deeskalation im Ukraine-Konflikt gefordert. "Die Militäraktivitäten Russlands an der ukrainischen Grenze sind für uns nicht nachvollziehbar", sagte Scholz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Montag in Kiew. Eine "weitere militärische Aggression gegen die Ukraine" werde "schwerwiegende, politische, wirtschaftliche und geostrategische Konsequenzen für Russland zur Folge" haben. Der Kanzler sagte der Ukraine zugleich weitere finanzielle Unterstützung zu.
Mit Blick auf die massiven russischen Truppenansammlungen an der ukrainischen Grenze sicherte Scholz der Ukraine Deutschlands Solidarität zu. "Es gibt keine vernünftigen Gründe für einen solchen militärischen Aufmarsch", sagte der Kanzler nach dem rund zweistündigen Gespräch mit Selenskyj.
Deshalb werde er Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinem Besuch in Moskau am Dienstag auch erneut auf die Konsequenzen eines russischen Angriffs auf die Ukraine hinweisen, kündigte der Kanzler an: "Wenn Russland die territoriale Integrität der Ukraine erneut verletzen sollte, wissen wir, was zu tun ist."
Russland hat in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Der Truppenaufmarsch schürt in der Ukraine und im Westen Befürchtungen, dass Russland eine Invasion in dem Nachbarland planen könnte.
Die westlichen Verbündeten seien entschlossen und jederzeit in der Lage, "die notwendigen Entscheidungen zu treffen", sagte Scholz mit Blick auf mögliche Sanktionen des Westens gegen Moskau. "Wir werden dann handeln, und es werden sehr weitreichende Maßnahmen sein, die erheblichen Einfluss auf die ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten Russlands hätten."
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehe es aber darum, eine weitere Eskalation zu verhindern, betonte Scholz. "Wir sind bereit für einen ernsthaften Dialog mit Russland über Fragen europäischer Sicherheit." Die Bundesregierung unterstütze die Vorschläge, die Russland von der Nato und den USA unterbreitet worden seien. Nun müsse Moskau darauf antworten. Scholz rief Russland auf, "die bestehenden Dialogangebote auch zu nutzen".
Mit Blick auf mögliche Sanktionen gegen Russland verwies Selenskyj auf "Unterschiede in der Bewertung" etwa bei der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2. Diese sei "eine geopolitische Waffe" Russlands, sagte der ukrainische Präsident. Deshalb brauche sein Land nun Garantien seiner Partner im Energiebereich.
Selenskyj betonte gleichzeitig, dass sein Land nicht die Absicht habe, sich ganz oder zeitweise vom Wunsch nach einer Mitgliedschaft in der Nato zu verabschieden. Gerade der Konflikt in der Ost-Ukraine zeige die Notwendigkeit einer Bündniszugehörigkeit, um die die Sicherheit der Ukraine zu gewährleisten. Niemand wisse aber, wann die Ukraine dieses Ziel erreichen könne, möglicherweise bleibe die Nato-Mitgliedschaft "ein Traum", fügte der Präsident hinzu.
Scholz bezeichnete es als "etwas eigenwillig", dass Russland im aktuellen Ukraine-Konflikt nun die Mitgliedschaft in Bündnissen zu Thema mache. Jedes Land habe das Recht zur freien Bündniswahl, sagte der Kanzler. Es gebe "keine Interessensphären".
Auf ukrainische Forderungen nach deutschen Waffenlieferungen ging Scholz in Kiew nicht näher ein. Er wies lediglich auf die deutsche Gesetzgebung zu Waffenexporten in Krisengebiete hin.
Stattdessen sagte der Kanzler der Ukraine weitere finanzielle Unterstützung zu. "Ich kann Ihnen versichern, dass wir diese Unterstützung mit gleicher Entschlossenheit fortsetzen werden." Scholz kündigte die beschleunigte Auszahlung von 150 Millionen Euro aus einem laufenden Kredit sowie einen neuen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro an.
Scholz unterstrich, dass "kein Land der Welt die Ukraine in den vergangenen acht Jahren finanziell so kräftig unterstützt (hat) wie die Bundesrepublik". Demnach flossen in diesem Zeitraum rund 1,8 Milliarden Euro deutscher Gelder in die Ukraine. "Deutschland ist der größte finanzielle Unterstützer der Ukraine, und wir werden das auch bleiben", sagte Scholz.
W.Dupont--JdB