

SPD-Basis macht Weg für Schwarz-Rot frei - Klingbeil soll Finanzminister werden
Der Weg für die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum nächsten Bundeskanzler ist frei. Nach CDU und CSU stimmten auch die SPD-Mitglieder mit großer Mehrheit dem schwarz-roten Koalitionsvertrag zu. Am Montag wollen ihn die Koalitionäre unterschreiben, tags darauf stehen die Kanzlerwahl und die Vereidigung der Regierung auf dem Programm. SPD-Chef Lars Klingbeil soll als Finanzminister und Vizekanzler der führende Kopf der Sozialdemokraten im Kabinett werden.
Bis Dienstagabend konnte die SPD-Basis digital über den Koalitionsvertrag abstimmen. 84,6 Prozent stimmten in der Mitgliederbefragung dafür, 15,4 Prozent lehnten ihn ab, wie die Partei am Mittwoch mitteilte. Zu der Abstimmung aufgerufen waren über 358.000 Mitglieder, die Beteiligung lag bei rund 56 Prozent.
Generalsekretär Matthias Miersch sieht in dem Ergebnis "große Rückendeckung für den Eintritt in die Bundesregierung". Der designierte Kanzler Merz äußerte sich erfreut über das Ergebnis. "Es ist die richtige Entscheidung für unser Land", schrieb er auf X. "Die politische Mitte ist handlungsfähig und übernimmt Verantwortung." Auch CSU-Chef Markus Söder begrüßte bei X das Votum: "Es ist höchste Zeit für einen echten Richtungswechsel in Deutschland."
Die SPD-Jugendorganisation Jusos hatte vor und während der zweiwöchigen Abstimmung für eine Ablehnung des Koalitionsvertrags geworben. Juso-Chef Philipp Türmer kündigte nun aber an, das Ergebnis "selbstverständlich" zu akzeptieren.
Bis Montag will die SPD ihr Personal für die Bundesregierung festlegen. Trotz der herben Verluste bei der Bundestagswahl stellt sie als Juniorpartner im neuen Kabinett sieben Ministerinnen und Minister. Maßgeblich verantworten soll die Auswahl Parteichef Klingbeil, der als Vizekanzler der starke Mann der SPD in Merz' Kabinett werden soll.
Der 47-Jährige folgt als Finanzminister seinem Parteikollegen Jörg Kukies und als Vizekanzler dem Grünen-Politiker Robert Habeck nach. Beamteter Staatssekretär im Finanzministerium und dort für die Regierungskoordination zuständig sein soll laut "Tagesspiegel" künftig der SPD-Politiker Björn Böhning. Der ehemalige Juso-Chef und Staatssekretär im Arbeitsministerium gilt als Vertrauter Klingbeils.
Für Klingbeil ist der künftige Job der vorläufige Höhepunkt seiner politischen Karriere. Als Finanzminister kommt ihm eine Schlüsselrolle in der neuen Regierung dabei zu, Konflikte nicht eskalieren zu lassen. Denn der Koalitionsvertrag stellt alle Vorhaben der schwarz-roten Regierung ausdrücklich unter einen Finanzierungsvorbehalt.
Zu Klingbeils ersten großen Bewährungsproben dürften die Haushalte für das laufende und das kommende Jahr werden. Trotz des Finanzpakets für Verteidigung und Infrastruktur ist das Geld in den Staatskassen knapp.
Seinen Posten als Chef der Bundestagsfraktion, auf den er trotz der Wahlschlappe gewählt worden war, dürfte Klingbeil bald aufgeben. Ob er beim Parteitag Ende Juni erneut für den Parteivorsitz kandidiert, ist noch nicht klar. Ungewiss ist auch die Zukunft von Saskia Esken, die die SPD formal gleichberechtigt mit Klingbeil führt, aber zuletzt parteiintern immer stärker in die Kritik geriet.
Die Auswahl der geeigneten Frauen und Männer für das Kabinett geschehe in "sehr enger Abstimmung mit Esken" und mit ihm selbst, sagte Generalsekretär Miersch dazu. Zu weiteren Fragen zur künftigen Rolle Eskens äußerte er sich nicht. Rückendeckung gab ihr Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast. "Ich halte die öffentliche Zuspitzung auf eine Personalfrage und auf eine Person für falsch", sagte Mast bei RTL und ntv.
Mit ihrem Ja hat die SPD-Basis die letzte formale Hürde für den Regierungswechsel vor der Kanzlerwahl abgeräumt. Nach der Benennung der SPD-Minister und der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags wird der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag mit einem großen Zapfenstreich der Bundeswehr im Berliner Bendlerblock verabschiedet. Formal endet seine Amtszeit absehbar am Dienstag mit der Übergabe der Ernennungsurkunde an Merz durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue.
R.Cornelis--JdB