

Koalitionsgespräche gehen in wohl entscheidende Woche - Merz unter Druck
Vor dem Hintergrund von Kurseinbrüchen an den Börsen infolge der US-Handelspolitik gehen die Koalitionsverhandlungen im Bund in die wohl entscheidende Woche. Die SPD zeigte sich am Montag zuversichtlich, dass die Gespräche in dieser Woche abgeschlossen werden könnten. Steigende Umfragewerte der AfD erhöhen aber insbesondere auf die Union den Druck, bei Themen wie Migration und Wirtschaft klare Kante zu zeigen.
Angesichts der schlechten Umfragewerte für die CDU wächst der parteiinterne Druck auf Parteichef Friedrich Merz, in den Koalitionsverhandlungen Positionen der Union durchzusetzen. Der Chef der Nachwuchsorganisation Junge Union (JU), Johannes Winkel, machte seine Zustimmung zum Koalitionsvertrag davon abhängig, dass der von der Union im Wahlkampf versprochene Politikwechsel kommt.
JU-Chef Winkel sagte am Montagmorgen im WDR-Radio: Die Union sei der SPD beim Thema Finanzen "sehr weit entgegengekommen". Nun müsse die SPD der Union "bei den Themen Wirtschaft und Migration ein sehr großes Stück entgegenkommen". Die Union habe im Wahlkampf "für den Politikwechsel gekämpft".
Auf die Frage, ob er gegen eine Koalition mit der SPD stimmen würde, wenn es hier keinen Politikwechsel gebe, antwortete Winkel in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag: "Alles andere entspräche ja dem Motto 'Macht als Selbstzweck'." Weiter sagte Winkel: "Eine Regierung mit CDU-Kanzler, aber SPD-Inhalten wäre doch erst recht ein Konjunkturprogramm für die AfD."
Auch die Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig machte ihre Unzufriedenheit mit dem Verlauf der Koalitionsverhandlungen öffentlich. "Im Wahlkampf haben wir deutlich gemacht, dass wir wieder eine liberal-bürgerliche Politik machen wollen", sagte sie dem "Tagesspiegel" vom Montag. "Aus meiner Sicht wird dieses Versprechen aktuell nicht eingehalten." Im Koalitionsvertrag müsse eine deutliche CDU-Handschrift erkennbar sein - anders als im Sondierungspapier, in dem die Arbeitsgruppen Zwischenergebnisse zusammengefasst haben.
Als Kernforderungen nannte die CDU-Abgeordnete die Absage an Steuererhöhungen, eine klare Verschärfung der Migrationspolitik und eine "ehrliche Aufarbeitung" der Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie. Einem Koalitionsvertrag, der dies nicht vorsieht, will Ludwig nicht zustimmen.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) forderte die eigenen Parteifreunde angesichts der sinkenden Umfragewerte zur Ruhe auf. "Ich rate allen Kritikern, auch in der eigenen Partei, die Ruhe zu bewahren", sagte der CDU-Politiker den RND-Zeitungen.
SPD-Chefin Saskia Esken äußerte derweil Verständnis dafür, dass die Union in den Koalitionsverhandlungen beim Thema Migration punkten muss. "Na klar, wir müssen auf beiden Seiten Punkte machen", sagte sie den Sendern RTL und ntv auf eine entsprechende Frage. Die Union und die SPD müssten gemeinsam sehr deutlich machen, dass sie entschlossen seien, die irreguläre Migration in den Griff zu bekommen.
Die Verhandlungsteams von CDU, SPD und CSU kamen am Montagmorgen in der bayerischen Landesvertretung in Berlin zur nächsten Runde ihrer Koalitionsgespräche zusammen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich zum Auftakt "sehr zuversichtlich, dass es auch gelingen könnte, in dieser Woche fertig zu werden".
Es sei sehr wichtig, "dass alles, was man Bürgerinnen und Bürgern verspricht, auch wirklich finanzierbar ist", betonte Schwesig. Zudem müsse geschaut werden, was angesichts der aktuellen Lage für die deutsche Wirtschaft getan werden kann.
Zuversichtlich zeigte sich vor der neuen Verhandlungsrunde von Union und SPD auch die SPD-Abgeordnete und ehemalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Auf die Frage eines Journalisten, ob dies nun die entscheidende Woche sei, antwortete sie: "Ich gehe davon aus." Sowohl Bas als auch Schwesig gehören zur Hauptverhandlungsgruppe der Koalitionsverhandlungen.
CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte in der ARD, es gehe jetzt darum, "dass wir in die Zielgeraden einbiegen". Die Parteien seien in ihren Gesprächen bislang "schon sehr gut vorangekommen".
T.Moens--JdB