Journal De Bruxelles - Mehr als 100.000 Menschen bei Großdemonstration gegen Korruption in Serbien

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Mehr als 100.000 Menschen bei Großdemonstration gegen Korruption in Serbien
Mehr als 100.000 Menschen bei Großdemonstration gegen Korruption in Serbien / Foto: Andrej ISAKOVIC - AFP

Mehr als 100.000 Menschen bei Großdemonstration gegen Korruption in Serbien

Mehr als 100.000 Menschen haben am Samstag in Belgrad bei einer Großdemonstration gegen Korruption und gegen die serbische Regierung protestiert. Das Innenministerium gab die Zahl der Teilnehmer mit 107.000 an und meldete bis zum Nachmittag keine "größeren Vorfälle". Dennoch rief das Ministerium alle zu friedlichem Protest auf. Da auch Anhänger der Regierung mobil gemacht hatten, wurden gewaltsame Zusammenstöße befürchtet.

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Teilnehmer waren aus dem ganzen Land in die serbische Hauptstadt gereist; schon Stunden vor Beginn der Demonstration waren tausende Menschen auf den Straßen. Landwirte, Studenten und andere Bürger standen entlang der Demo-Strecke in Belgrad. "Wir haben gezeigt, dass der Wandel möglich ist, so lange wir zusammen kämpfen", rief eine Studentin von der Bühne auf dem zentralen Platz der Stadt. Um sie herum standen dicht gedrängt zehntausende Menschen, mit serbischen Fahnen und aus verschiedenen politischen Lagern.

Die Menge sang gemeinsam den Slogan der Bewegung "Pumpaj! Pumpaj!", womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass dem Protest die Energie und der Atem nicht ausgeht. Viele trugen Anstecker mit einer blutigen Hand, auch das ein Symbol der Proteste. "Korruption tötet", lautet der Schlachtruf der Demonstranten. "Ganz Serbien hat sich aufgelehnt, das erlebt man nicht alle Tage. Ich glaube, das ist das Ende des Regimes", sagte ein Teilnehmer.

Die von Studierenden angeführten Proteste hatten nach dem Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November begonnen, bei dem 15 Menschen ums Leben gekommen waren. Das Unglück befeuerte die Wut über die Korruption in Serbien, die Proteste richten sich inzwischen auch gegen Vucics Regierung. Über Monate kam es seither im ganzen Land zu großen Protesten. Die Demonstration am Samstag war eine der bisher größten.

Auch Unterstützer der Regierung von Präsident Aleksandar Vucic waren allerdings vor Ort, darunter Ultranationalisten, Mitglieder militanter Gruppen und mutmaßliche Hooligans, die in der Nähe des Parlaments Barrikaden aufgebaut hatten. Regierungsanhänger bauten auch Zelte vor dem Präsidialamt auf.

EU und UNO hatten die Regierung in Belgrad schon im Vorfeld dazu aufgerufen, das Demonstrationsrecht zu respektieren und Gewalt zu vermeiden. Studierendenverbände riefen in Onlinemedien dazu auf, "ruhig und verantwortungsvoll" zu demonstrieren. "Das Ziel der Bewegung ist es nicht, in Institutionen einzudringen oder diejenigen anzugreifen, die anders denken als wir", hieß es. "Diese Bewegung darf nicht missbraucht werden."

"Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Demonstration abzusichern", versicherte Präsident Vucic am Freitagabend in einer Ansprache. Gleichzeitig drohte er, als Präsident werde er nicht zulassen, "dass die Straße die Regeln diktiert". Er hob hervor: "Nur um das klar zu machen, ich lasse mich nicht unter Druck setzen." Er rief alle Seiten zum Gewaltverzicht auf.

Regierungsangaben zufolge wurden bereits am Freitag sechs Aktivisten festgenommen. Sie stünden im Verdacht, "Aktionen gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Sicherheit in Serbien" geplant zu haben.

"Was sich alle fragen ist, ob die Regierung versuchen wird, Gewaltsituationen herbeizuführen, um anschließend einen Vorwand für die Ausrufung des Ausnahmezustands zu haben", sagte der Experte Srdjan Cvijic vom Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik. "Wir können seit ein paar Tagen sehen, dass das Regime versucht, die Spannungen zu eskalieren." Auch in den Staatsmedien war vor der Demonstration am Samstag der Ton schärfer geworden. Die Studenten planten einen "Putsch", hieß es.

Die serbische Regierung steht wegen der Protestwelle unter wachsendem Druck. Ende Januar erklärte Ministerpräsident Milos Vucevic seinen Rücktritt. Präsident Vucic ruft derweil abwechselnd zum Dialog auf oder macht ausländische Einmischung für die Proteste verantwortlich - ein Vorwurf, den auch Kremlchef Wladimir Putin geäußert hatte.

W.Wouters--JdB