

Opposition gewinnt Parlamentswahl in Grönland
In Grönland steht vor dem Hintergrund der Übernahme-Drohungen von US-Präsident Donald Trump ein Regierungswechsel bevor: Bei der Parlamentswahl hat die Opposition deutlich gewonnen. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten offiziellen Wahlergebnis konnte die Demokratische Partei ihren Stimmenanteil mehr als verdreifachen, auch die nationalistische Naleraq-Partei legte deutlich zu. Der Ausgang der Wahl dürfte Auswirkungen auf die Frage der kompletten Unabhängigkeit des Inselgebiets von Dänemark haben, die eines der zentralen Themen im Wahlkampf war.
Die Demokratische Partei, die sich selbst als "sozialliberal" bezeichnet, kam laut dem offiziellen Wahlergebnis auf 29,9 Prozent, die Naleraq-Partei verdoppelte ihr Ergebnis und kam auf 24,5 Prozent. Die bisherige Koalition aus der links-grünen Inuit Ataqatigiit (IA) und den Sozialdemokraten von Siumut wurde dagegen von den Wählern deutlich abgestraft: Im Vergleich zu der Wahl von vor vier Jahren verlor IA 15,3 Prozentpunkte, Siumut verzeichnete einen Verlust von 14,7 Prozentpunkten.
"Wir respektieren das Ergebnis der Wahl", sagte der linksgerichtete Regierungschef Mute Egede im Sender KNR. Der Chef der sozialdemokratischen Siumut räumte unterdessen eine Niederlage ein. Die Wahlbeteiligung lag bei 70 Prozent und damit höher als gewöhnlich.
Da keine der Parteien allein eine Mehrheit der 31 Sitze im Parlament erreichen kann, sind nun Verhandlungen über eine Regierungskoalition erforderlich. Die neue Regierung steht dabei vor großen Herausforderungen: Sie muss insbesondere die Vorgehensweise und einen Zeitplan für die Unabhängigkeit der arktischen Insel von Dänemark darlegen, die von der großen Mehrheit der grönländischen Bevölkerung befürwortet wird.
"Die Demokraten sind offen für Gespräche mit allen Parteien und streben nach Einheit, vor allem angesichts dessen, was im Ausland passiert", sagte der 33-jährige Parteichef der Demokratischen Partei, Jens-Frederik Nielsen. Weiter sagte er, nicht mit einem solchen Wahlausgang gerechnet zu haben.
Die mögliche komplette Unabhängigkeit von Dänemark war eines der zentralen Themen des Wahlkampfes. Entsprechende Bestrebungen wurden durch die Drohung von US-Präsident Trump beflügelt, Grönland notfalls mit Gewalt den Vereinigten Staaten einzuverleiben. In der vergangenen Woche hatte er in einer Rede vor dem US-Kongress seine bereits im Wahlkampf angekündigten Übernahmepläne für das rohstoffreiche Inselgebiet bekräftigt. Zwar unterstützten die USA das Recht der dortigen Bevölkerung, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden, betonte der Republikaner. Er sei aber sicher, dass die USA Grönland "auf die eine oder andere Weise" bekommen würden. Jüngste Umfragen zeigen allerdings, dass 85 Prozent der Grönländer Trumps Übernahmepläne ablehnen.
Das Interesse der USA an dem Gebiet ist nicht neu. Schon in der Monroe-Doktrin von 1823 beanspruchten die Vereinigten Staaten Grönland als Teil ihrer "Interessensphäre". 1917 kaufte Washington die Jungferninseln von Dänemark und erkannte zeitgleich die dänische Souveränität über Grönland an.
Auf der größten Insel der Welt leben 57.000 Menschen. Seit 1979 ist Grönland in vielen Bereichen autonom, doch entscheidet etwa über Außen- und Verteidigungspolitik immer noch die ehemalige Kolonialmacht Dänemark. Diese subventioniert Grönland jährlich mit 530 Millionen Euro, das macht ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes der Arktis-Insel aus. Zweites großes Thema im Wahlkampf war deshalb die Ankurbelung der eigenen Wirtschaft und damit Strategien zur Erreichung einer höheren Lebensqualität.
Fast alle Parteien auf der Insel befürworten eine Unabhängigkeit Grönlands, es besteht aber Uneinigkeit über den Zeitplan. Die nationalistische Oppositionspartei Naleraq will diese so schnell wie möglich erreichen. Die beiden Parteien der scheidenden Koalitionsregierung haben es weniger eilig. Ihrer Meinung nach muss Grönland vor der Unabhängigkeit eine gewisse wirtschaftliche Eigenständigkeit erreichen.
Im Gegensatz zu Dänemark ist Grönland kein Mitglied der Europäischen Union, die Insel trat 1985 aus der Gemeinschaft aus. Mehr als 90 Prozent Einwohner sind Inuit. In der Hauptstadt Nuuk leben 19.000 Menschen.
O.M.Jacobs--JdB