

Russland überzieht Ukraine am Wochenende mit Drohnen-Angriffswellen
Nach dem Stopp der US-Militärhilfe und der Weitergabe von US-Geheimdienstdaten an die Ukraine hat Russland das Nachbarland am Wochenende weiterhin mit nächtlichen Angriffswellen überzogen. Insgesamt 119 Drohnen habe die russische Armee in der Nacht auf Sonntag gegen das Land abgefeuert, erklärte die ukrainische Armee am Sonntag. In der Nacht zuvor waren bei russischen Angriffen mindestens 14 Menschen in der Ukraine getötet worden. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte daraufhin härtere Sanktionen gegen Russland.
Bei den jüngsten Angriffen seien in sechs Regionen Schäden angerichtet worden, erklärte die ukrainische Luftwaffe am Sonntag. 71 Drohnen seien über einem Dutzend Regionen des Landes sowie über der Hauptstadt Kiew abgefangen worden, 37 weitere hätten keine Schäden verursacht. Zu Todesopfern oder Verletzten wurden zunächst keine Angaben gemacht.
Am Samstagabend bombardierte Russland in der frontnahen ostukrainischen Stadt Druschiwka in der Region Donezk mehrere Wohngebäude mit Gleitbomben. Zwölf Menschen wurden laut Staatsanwaltschaft dabei verletzt.
Bei den Angriffen in der Nacht auf Samstag, die sich insbesondere gegen das Zentrum der Stadt Dobropillja im ostukrainischen Donezk richteten, wurden Rettungskräften zufolge am späten Freitagabend elf Menschen getötet und dutzende weitere verletzt. In Dobropillja, das unweit der Front liegt, sahen AFP-Reporter verkohlte Wohngebäude, zerstörte Marktstände und Hinweise auf Streubomben.
In der Kleinstadt Bohoduchiw in der ostukrainischen Region Charkiw wurden Gouverneur Oleh Synehubow zufolge drei weitere Menschen getötet. Sieben Menschen wurden demnach verletzt. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe feuerte Russland in der Nacht zu Samstag insgesamt zwei Raketen und 145 Drohnen allein auf Bohoduchiw.
Selenskyj bezeichnete die Angriffe am Samstag als Beleg dafür, dass Russlands Ziele "unverändert" seien. Es sei daher "sehr wichtig, weiterhin alles zu tun, um Leben zu schützen, unsere Luftverteidigung zu stärken und die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen". Er fügte hinzu, Russland habe die Kleinstadt Bohoduchiw angegriffen und als Rettungskräfte angekommen seien, seien auch sie "absichtlich" angegriffen worden. Dies sei eine "jämmerliche und unmenschliche" Taktik, die von russischer Seite oft angewendet werde.
US-Präsident Donald Trump, der zuletzt der Ukraine und Selenskyj persönlich die Schuld für eine ausbleibende Friedenslösung zugewiesen hatte, hatte Russland am Freitag angesichts der massiven Angriffe auf die Ukraine zunächst mit neuen Sanktionen und mit Zöllen gedroht. Wenig später wandte er sich jedoch erneut gegen die Ukraine, indem er sagte, es sei für ihn "vielleicht einfacher", mit Russland zu verhandeln als mit der Ukraine - und er bekräftigte, er glaube dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Nach seinem beispiellosen Streit mit Selenskyj vor laufenden Kameras im Weißen Haus hatte Trump Anfang vergangener Woche die US-Militärhilfen für die Ukraine vorübergehend ausgesetzt. CIA-Chef John Ratcliffe erklärte später, dass auch die Übermittlung von Geheimdienstinformationen "pausiere".
Washington stoppte zudem den Zugang der Ukraine zu von der US-Regierung gekauften Satellitenbildern. Der Zugang sei "vorübergehend unterbrochen", erklärte ein Sprecher der Nationalen Behörde für Geographische Aufklärung der USA.
Maxar, eines der Unternehmen, das Bilder im Auftrag Washingtons an Kiew übermittelt hatte, bestätigte die Unterbrechung. Die US-Satellitenbilder sind für die Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland von entscheidender Bedeutung.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte seinerseits, es habe in der Nacht auf Samstag 31 ukrainische Drohnen zerstört. Die meisten davon seien im Luftraum über der am Schwarzen Meer und nahe der Halbinsel Krim gelegenen Region Krasnodar abgefangen worden.
Am Sonntag meldete das Ministerium zudem die Einnahme von zwei weiteren ukrainischen Orten. In der östlichen Region Donezk sei der Ort Kostjantynopil rund 50 Kilometer westlich der von Russland kontrollierten Stadt Donezk eingenommen worden. Außerdem sei das Dorf Nowenke in der nordöstlichen Region Sumy erobert worden. Es liegt nahe der Grenze zur russischen Region Kursk.
Mit den Angaben aus Moskau wurden auch Berichte bestätigt, wonach die russische Armee erstmals seit 2022 eine bedeutende Offensive in der Region Sumy gestartet habe. Die Ukraine hatte am Samstag jeglichen größeren Vorstoß der russischen Streitkräfte bestritten.
Das Moskauer Verteidigungsministerium erklärte weiter, das Dorf Lebedewka in der Region Kursk zurückerobert zu haben. Die Ukraine hatte im vergangenen August eine Offensive in der russischen Region Kursk gestartet. Mittlerweile hat Russland jedoch mehr als zwei Drittel des von der Ukraine eingenommenen Gebiets zurückerobert.
Y.Niessen--JdB