Wahl im Kosovo: Partei von Regierungschef Kurti verfehlt absolute Mehrheit
Die linksnationalistische Partei von Regierungschef Albin Kurti hat die Parlamentswahl im Kosovo laut Hochrechnungen gewonnen. Kurtis Selbstbestimmungs-Partei (VV) lag nach Auszählung von rund 93 Prozent der Stimmen am Montag mit 41 Prozent klar vorn, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Damit dürfte das Kosovo vor langwierigen Koalitionsverhandlungen stehen.
Kurti erklärte seine Partei noch in der Nacht zum Wahlsieger und kündigte an, "ohne jedes Zögern" eine neue Regierung zu bilden. Vor der Wahl hatte er noch angedeutet, dass er lieber in die Opposition gehen würde, als ohne absolute Mehrheit zu regieren.
An zweiter Stelle lag laut Wahlkommission die rechtsgerichtete Demokratische Partei des Kosovo (PDK) mit rund 22 Prozent, gefolgt von der Mitte-Rechts-Partei Demokratische Liga des Kosovo (LDK) mit 17 Prozent. Seit dem Unabhängigkeitskrieg gegen Serbien von 1998 bis 1999 hatten die Parteien mehrfach koaliert. Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission bei 40 Prozent.
Mit den veränderten Mehrheitsverhältnissen im 120 Sitze starken Parlament erwarten Beobachter wochenlange Verhandlungen um die Bildung eines neuen Regierungsbündnisses. 20 Sitze im Parlament in Pristina sind für Parteien reserviert, die Minderheiten vertreten, darunter zehn für die ethnischen Serben.
Die Partei Srpska Lista erklärte, sie habe alle zehn dieser Sitze gewonnen. Sollte sich dieses Ergebnis bestätigen, könnte die Partei, die das Parlament in der Vergangenheit oft boykottiert hatte, zur Königsmacherin bei der Regierungsbildung werden.
Belgrad erkennt die vom Kosovo im Jahr 2008 erlangte Unabhängigkeit bis heute nicht an. Während Kurtis Regierungszeit nahmen die Spannungen zwischen ethnischen Albanern und der serbischstämmigen Minderheit im Kosovo sowie zwischen dem Kosovo und Serbien deutlich zu.
Der Ministerpräsident fuhr einen strikten Kurs gegen die serbische Minderheit, die vor allem im Norden des Landes lebt. Sein erklärtes Ziel ist die Zerschlagung staatlicher "Parallelstrukturen", die von der Regierung im benachbarten Serbien unterstützt werden.
Im Rahmen von Kurtis Politik wurden unter anderem der serbische Dinar als Zahlungsmittel faktisch verboten und von ethnischen Serben genutzte Banken und Postämter geschlossen. Von Kritik aus den USA und der EU an seinem Vorgehen ließ Kurti sich nicht beirren.
Nachdem die Kurti-Regierung im Mai 2023 beschlossen hatte, in vier Gemeinden mit serbischer Mehrheit ethnisch-albanische Bürgermeister einzusetzen, kam es zu Ausschreitungen. Dabei wurden mehr als 30 Soldaten der Nato-Friedenstruppe KFOR verletzt. Im September 2023 überfiel ein paramilitärisches serbisches Kommando eine kosovarische Polizei-Patrouille, dabei wurde ein Polizist getötet.
Kurti und seine VV hatten die Machtverhältnisse in dem kleinen südosteuropäischen Land bei der Wahl vor vier Jahren umgekrempelt. Die VV, die zuvor jahrelang mit Krawallaktionen im Parlament Aufmerksamkeit erregt hatte, verwies damals mit ihrem Ergebnis von 50,28 Prozent die zuvor regierende PDK deutlich auf den zweiten Platz.
Das Kosovo ist eines der ärmsten Länder in Europa. Seit 2011 wanderten rund zwölf Prozent der Bewohner aus.
E.Heinen--JdB