Sicherheitskabinett in Israel stimmt Waffenruhe-Abkommen mit Hamas zu
Nach der Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen hat das israelische Sicherheitskabinett am Freitag grünes Licht für das Abkommen gegeben. Das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu gab bekannt, noch am Freitag werde die Vereinbarung nun der gesamten Regierung zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Bei einem Ja wird die Freilassung der ersten israelischen Geiseln demnach am Sonntag erwartet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte Verständnis für Vorbehalte in Israel, sich auf die Vereinbarung mit der radikalislamischen Hamas einzulassen - nun sei aber "die Zeit für einen solchen Kompromiss gekommen".
Die Einigung auf das Abkommen zwischen Israel und der Hamas nach 15 Monaten Krieg war am Mittwochabend verkündet worden. Die Vereinbarung sieht vor, dass am Sonntag eine sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen beginnt.
In dieser ersten Phase des Abkommens sollen insgesamt 33 Geiseln freikommen. Die israelischen Behörden gehen davon aus, dass die 33 Geiseln am Leben sind, eine Bestätigung der Hamas steht allerdings noch aus. Aus dem Hamas-Umfeld hieß es, als Erstes sollten drei israelische Frauen am Sonntagabend freigelassen werden. Im Gegenzug sollen hunderte palästinensische Gefangene freikommen.
In den Hamas-nahen Kreisen hieß es weiter, das Rote Kreuz werde die ersten Geiseln voraussichtlich am Sonntagabend gemeinsam mit ägyptischen und katarischen Teams in Empfang nehmen. Sie würden dann nach Ägypten gebracht und dort der israelischen Seite übergeben, die dann auch ihre medizinische Untersuchung übernehme.
Nachdem die ersten freigelassenen Geiseln nach Israel heimgekehrt seien, werde die "Freilassung der ersten Gruppe palästinensischer Häftlinge, darunter mehrere mit hohen Strafen, erwartet", hieß es weiter. Eine Bestätigung dafür von israelischer Seite gab es zunächst nicht.
Voraussetzung für die Freilassung der Geiseln ist jedoch die Zustimmung des gesamten israelischen Kabinetts. Die Kabinettssitzung wurde nach Angaben von Netanjahus Büro für "später am Tag" einberufen. Der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir hat für den Fall einer Zustimmung seinen Rücktritt angekündigt. Auch der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich wandte sich entschieden gegen das Waffenruhe-Abkommen.
Vor der Sitzung des Sicherheitskabinetts hatte Netanjahus Büro mitgeteilt, dass die letzten Einzelheiten des Waffenruhe-Abkommens geklärt worden seien. Die Familien der Geiseln seien informiert worden, es würden Vorbereitungen für ihre Heimkehr getroffen.
Scholz sagte in Berlin, die Bundesregierung verstehe, wie "schwierig und schmerzhaft" für Israel ein Abkommen mit der Hamas sei, die immer noch Israels Vernichtung anstrebe. Es sei aber nun an der Zeit, diesen "Kompromiss" "Schritt für Schritt konsequent" umzusetzen. Außer der Freilassung aller Geiseln, zu denen auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft gehören, forderte der Kanzler, dass die Hamas "ihre Waffen ein für alle Mal" niederlegt.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Bundesregierung habe die langwierigen Gespräche über eine Feuerpause und eine Geiselfreilassung "flankiert".
Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahera News berichtete, die Vermittlerstaaten Ägypten, Katar und USA hätten am Freitag in Kairo technische Gespräche über die "Mechanismen zur Umsetzung der Waffenruhe-Vereinbaung" geführt. Dabei sei auch vereinbart worden, täglich 600 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen zu lassen.
Sollten sich ab Sonntag tatsächlich alle an die Vereinbarung halten, träte einen Tag vor dem Amtsantritt von US-Präsidenten Donald Trump eine Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft. Trump verbuchte dies bereits als seinen Erfolg: "Wenn wir nicht an diesem Abkommen beteiligt gewesen wären, wäre das Abkommen nie zustande gekommen", sagte er am Donnerstag in einem Interview.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt.
94 der Geiseln sollen sich nach wie vor dort befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot. Unter den noch festgehaltenen Geiseln befindet sich auch eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen mit Deutschland-Bezug, wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß.
Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 46.780 Menschen getötet.
Seit der Ankündigung der Waffenruhe am Mittwochabend wurden nach palästinensischen Angaben mehr als hundert Menschen bei israelischen Angriffen getötet. Nach Angaben der israelischen Armee vom Donnerstag beschoss sie binnen eines Tages etwa 50 Ziele im Gazastreifen. Die Essedin al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, warnte Israel, dass die anhaltenden Angriffe im Gazastreifen die dort festgehaltenen Geiseln gefährdeten und "die Freiheit eines Gefangenen in eine Tragödie verwandeln" könnten.
E.Janssens--JdB