AfD-Vorstand kürt Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin
Die AfD hat erstmals eine eigene Kanzlerkandidatin für eine Bundestagswahl aufgestellt. Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel soll die Rechtsaußen-Partei in der Wahl am 23. Februar führen: Der AfD-Vorstand nominierte die 45-Jährige am Samstag für das Spitzenamt. "Wir sind bundesweit in den Umfragen zweitstärkste Kraft, und daraus leiten wir ganz klar einen Regierungsanspruch ab", sagte Weidel. Deswegen benenne die AfD erstmals eine Kanzlerkandidatin. Für die AfD sei dies ein "großer Tag", sagte Weidel.
In aktuellen Umfragen liegt die Partei, die vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft wird, derzeit auf Platz zwei hinter der Union. Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung hat sie aber nicht, da keine andere Partei mit ihr koalieren will.
Die Delegierten des AfD-Bundesparteitags Mitte Januar in Riesa müssen Weidels Kanzlerkandidatur noch bestätigen, dies gilt jedoch als Formsache. Bei früheren Bundestagswahlen hatte die AfD auf die Aufstellung eines eigenen Kanzlerkandidaten verzichtet. Weidel war aber schon zwei Mal Teil eines Spitzenkandidaten-Duos für Bundestagswahlen: 2017 mit Alexander Gauland und 2021 mit Ko-Parteichef Tino Chrupalla.
Chrupalla hatte im September seinen Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur erklärt und Weidel seine Unterstützung zugesagt. Am Samstag sagte Chrupalla zur künftigen Rollenverteilung: "Wir sehen uns als Mannschaft mit einer Stürmerin und den Bundessprecher Tino Chrupalla als Libero." Als "Libero" wolle er dazu beitragen, "dass unsere Stürmerin so viele Tore wie möglich erzielt". Laut Chrupalla wurde Weidel im Vorstand mit der Unterstützung aller Landesvorsitzenden zur Kandidatin gekürt.
Wenige Tage vor Weidels Nominierung hatte die AfD den Entwurf eines Wahlprogramms vorgelegt, der stark nationalistische Töne anschlägt: Die AfD will raus aus EU und Eurozone, fordert eine strikte Anti-Migrationspolitik, plädiert für eine Wiederannäherung an Russland, will das Recht auf Abtreibung einschränken und traditionelle Familienmodelle stärken.
Die promovierte Volkswirtin Weidel trat im Gründungsjahr 2013 in die AfD ein. Seit 2015 ist sie im Vorstand und seit Juni 2022 Ko-Parteivorsitzende. Bereits seit 2017 leitet sie die Fraktion im Bundestag - von 2021 an zusammen mit Chrupalla. Weidel profilierte sich innerhalb der AfD vor allem mit den Themen Migration und Innere Sicherheit. Als offen homosexuelle Politikerin, die mit ihrer Lebenspartnerin zwei Söhne großzieht, ist Weidel in ihrer Partei eine Ausnahmeerscheinung.
I.Servais--JdB