Selenskyj fordert bei EU-Gipfel mehr Geld für "Siegesplan" der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union neue Hilfen für den "Siegesplan" seines Landes im Verteidigungskrieg gegen Russland gefordert. "Wir brauchen Geld", sagte Selenskyj am Donnerstag in Brüssel. "Wir brauchen es sehr, um es für unsere eigene Produktion zu verwenden", erklärte er unter anderem mit Blick auf die Herstellung von Drohnen in der Ukraine.
Insbesondere vor dem kommenden Winter brauche sein Land weitere Unterstützung, betonte Selenskyj. "Für uns ist es immer gefährlich, wenn der Winter kommt." Mit zusätzlichen Geldern der Verbündeten wolle seine Regierung auch "Menschen helfen, die ihre Häuser verloren haben". Ein weiteres Problem sei die Energieversorgung in der Ukraine, da Kraftwerke und Infrastruktur teils schwer beschädigt seien.
Der ukrainische Präsident will seinen EU-Kollegen im Laufe des Tages seinen "Siegesplan" vorstellen. "Alle europäischen Staats- und Regierungschefs werden hören, wie wir unsere Position stärken müssen", erklärte er vor Beginn des Gipfels. "Wir müssen diesen Krieg auf gerechte Weise beenden." Selenskyj hatte seinen Plan am Mittwoch bereits dem Parlament in Kiew vorgestellt und dabei bei möglichen Verhandlungen jeden Verzicht auf ukrainische Gebiete ausgeschlossen.
"Dieser Plan hängt nicht vom Willen Russlands ab, sondern nur vom Willen unserer Partner", sagte Selenskyj in Brüssel. Er forderte, schnellstmöglich Einnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögen in der EU an die Ukraine weiterzugeben. Die 27 Mitgliedsländer müssten "den richtigen Mechanismus finden, um dieses Geld so schnell wie möglich zu uns zu bringen", fuhr er fort.
EU-Ratspräsident Charles Michel betonte, Selenskyjs Teilnahme am Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs sende "eine unmissverständliche politische Botschaft". Die Mitgliedstaaten ständen weiter "so lange wie nötig" an der Seite des Landes. "Die Zukunft der Ukraine ist in der EU", fügte er hinzu.
"Die Ukraine kann sich auf uns verlassen", betonte seinerseits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs. Der Gipfel sende insbesondere "vor dem dritten Kriegswinter" in der Ukraine "ein klares Zeichen an den russischen Präsidenten, dass er nicht darauf spekulieren soll, dass die Unterstützung der Freunde der Ukraine nachlassen wird", sagte Scholz in Brüssel.
Der Bundeskanzler versprach, die EU werde ihren Teil für ein Hilfspaket von 50 Milliarden Dollar (rund 46 Milliarden Euro) leisten, das die G7-Länder der Ukraine bei ihrem Gipfeltreffen in Italien im Juni zugesagt hatten. Dafür hatten die EU-Länder bereits in der vergangenen Woche Hilfen in Höhe von bis zu 35 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.
Selenskyj dankte auch dem US-Präsidenten Joe Biden für weitere Hilfen für die Ukraine. Biden habe ihm in einem Gespräch am Mittwochabend "sein Wort gegeben, dass die Pakete in naher Zukunft umgesetzt werden", erklärte er. Die Unterstützung der USA werde der Ukraine an der Front und in möglichen Verhandlungen helfen. "Beim Siegesplan geht es auch um Diplomatie", fügte er hinzu.
Bei seinem Besuch in Brüssel will Selenskyj auch an einem Treffen der Nato-Verteidigungsministerinnen und -minister teilnehmen. Außerdem trifft Selenskyj nach eigenen Angaben die Präsidentin des Europaparlaments Roberta Metsola und die Chefs der Fraktionen im Parlament.
W.Lejeune--JdB