Selenskyj trifft zum Auftakt seiner Europa-Reise britischen Premier und Nato-Chef
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Donnerstag zum Auftakt seiner Gespräche mit mehreren europäischen Verbündeten den britischen Regierungschef Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte getroffen. Bei den Beratungen in London sei Selenskyjs Plan für einen Sieg im Verteidigungskrieg der Ukraine gegen Russland erörtert worden, teilte Starmer mit. Der ukrainische Präsident wollte am Donnerstag außerdem nach Paris und Rom reisen. Am Freitag wird er in Berlin erwartet.
Zunächst hatte der britische Premierminister den ukrainischen Staatschef ohne Rutte in seinem Amtssitz in der Downing Street empfangen. Auch der britische Verteidigungsminister John Healey, Generalstabschef Tony Radakin und Starmers nationaler Sicherheitsberater Tim Barrow stießen dazu.
Es sei "sehr wichtig, dass wir unsere anhaltende Verpflichtung zur Unterstützung der Ukraine" zeigen können, sagte Starmer dazu. Die Gespräche mit Selenskyj in London böten die Gelegenheit, dessen sogenannten Siegesplan "durchzugehen und detaillierter zu besprechen".
Rutte sagte, es gehe nicht nur um die Ukraine, sondern auch um "die Verteidigung des Westens und darum, wie wir sicher bleiben".
Am Nachmittag steht für Selenskyj ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris auf dem Programm. Der ukrainische Staatschef plant außerdem ein Gespräch mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni in Rom. Am Freitagmorgen wird Selenskyj dann von Papst Franziskus empfangen. Ebenfalls für Freitag ist ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin vorgesehen.
Eigentlich wollte Selenskyj zu einem diplomatischen Spitzentreffen zur Lage in der Ukraine am Samstag zum US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz reisen. Dieses Treffen mit Vertretern von mehr als 50 Ländern wurde am Mittwoch allerdings verschoben, nachdem US-Präsident Joe Biden einen geplanten Staatsbesuch in Deutschland wegen des Hurrikans "Milton" abgesagt hatte.
Bei seiner Europa-Reise will Selenskyj um weitere Unterstützung der westlichen Partner für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen werben. Die Ukraine hat angesichts der überlegenen russischen Luftwaffe von seinen westlichen Verbündeten wiederholt mehr Kampfjets und eine bessere Luftabwehr gefordert, um ihre Bevölkerung zu schützen.
Selenskyj drängt die USA und Großbritannien zudem seit Monaten, den Einsatz der von ihnen gelieferten Waffen gegen Ziele weit auf russischem Staatsgebiet zu erlauben. Bisher haben die USA und Länder wie Deutschland eine solche Genehmigung aber nur eng begrenzt um die ostukrainische Region Charkiw erteilt.
In ihrem Verteidigungskrieg ist die Ukraine auf die milliardenschwere Finanz- und Militärhilfe aus Washington angewiesen. Ein Sieg des republikanischen Kandidaten Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl im November könnte die Lage für Kiew erheblich verschärfen.
"Ein neuer US-Präsident Donald Trump könnte weitere Hilfspakete im Kongress verhindern", erklärte das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Zudem habe Deutschland zuletzt "eine Halbierung der Ukraine-Hilfen im kommenden Haushalt angekündigt, andere Länder könnten dem Beispiel folgen".
Der Rechtspopulist hat angekündigt, den Ukraine-Krieg binnen 24 Stunden zu beenden - ohne zu erklären, wie er dieses Ziel erreichen will. Ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen würde vermutlich bedeuten, dass Trump die Ukraine zur Abgabe eines großen Teils des von Russland besetzten Territoriums zwingen würde. Selenskyj lehnte bislang aber jeden Friedensplan ab, der die Abtretung von besetzten Gebieten an Russland vorsieht.
In der Region Donezk verzeichnete die russische Armee bei ihrem Vormarsch auf die logistisch wichtige Stadt Pokrowsk zuletzt weitere Geländegewinne.
Russland meldete derweil neue Luftangriffe der Ukraine. Nach Angaben Moskaus wurden in der Nacht zu Donnerstag 92 ukrainische Drohnen abgefangen, mehr als die Hälfte von ihnen in der südrussischen Region Krasnodar.
In der an Krasnodar angrenzenden Kaukasusrepublik Adygeja griff die Ukraine nach eigenen Angaben einen Luftwaffenstützpunkt mit Drohnen an. Dabei sei ein Treib- und Schmierstoffdepot auf dem Stützpunkt in Maikop zerstört worden. Maikop liegt 410 Kilometer von der Front entfernt.
In der südukrainischen Küstenregion Odessa erhöhte sich die Zahl der Todesopfer nach einem russischen Raketenangriff auf acht. Zwei Männer seien nach der Attacke auf ein Containerschiff ihren Verletzungen erlegen, teilte Gouverneur Oleh Kiper mit.
E.Goossens--JdB