Bundestag: Lindner verteidigt Steuerentlastungen und Abschaffung von Steuerklassen
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die von der Ampel-Regierung geplanten Steuerentlastungen im Bundestag verteidigt. "Aus unserer Sicht ist das eine Frage der Gerechtigkeit", sagte Lindner am Donnerstag im Plenum. "Es ist so, dass Sozialleistungen automatisch an die Inflation angepasst werden - das gleiche Recht muss aber auch gelten für diejenigen, die diese Sozialleistungen durch ihre Steuern bezahlen."
Das erstmals im Bundestag beratene Steuerfortentwicklungsgesetz ist ein erster Baustein des im Sommer von der Koalition vereinbarten Wachstumsprogramms. Es sieht unter anderem eine Erhöhung des Grund- sowie des Kinderfreibetrags bei der Lohn- und Einkommensteuer vor. Außerdem sollen die Tarife der Lohn- und Einkommensteuer angehoben werden.
Somit sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im kommenden Jahr um gut sieben Milliarden Euro steuerlich entlastet werden, bis 2028 um jährlich 27 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der Entlastungen sollen Länder und Kommunen finanzieren.
Finanzminister Lindner betonte, dass die Steuerentlastungen als Anreiz für private Investitionen nötig seien, um die Wirtschaft zu beleben. "Wir werden unsere Wachstumsschwäche nicht mit staatlicher Investitionslenkung oder Subventionen überwinden, nicht mit mehr öffentlicher Verschuldung, sondern nur wenn Betriebe mehr investieren", sagte Lindner.
Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi sprach von einer "Wachstumsinitiative, die ordentlich Wumms hat". Die Regierung wolle Leistungsträger entlasten, sagte Schrodi und nannte konkret Pflegekräfte, Handwerker und Alleinerziehende. Auch Familien mit Kindern seien bisher "noch nicht vollständig von Kaufkraftverlusten entlastet", sagte Schrodi. "Wir wollen, dass es nicht nur gerecht zugeht, sondern dass es eine volkswirtschaftliche Wirkung hat." Menschen in der Mitte zu entlasten, stärke deren Kaufkraft und kurbele die Binnennachfrage an.
Die Grünen-Abgeordnete Katharina Beck hob ebenfalls die geplanten Milliardenentlastungen vor. Sie sieht aber noch großes Potenzial bei Teilzeitarbeitenden zur Belebung der Wirtschaft. Hier gebe es einen "riesigen Hebel", sagte Beck. Dafür könnten weitere Steuerentlastungen als Anreize dienen, außerdem müsse das Angebot an Kita-Plätzen ausgebaut werden.
Neben den Entlastungen ist eine minimale Anhebung des Kindergelds geplant. Zudem sieht das Gesetz eine Reform der Steuerklassen vor. So sollen die Klassen III und V für Verheiratete abgeschafft und in das sogenannte Faktorverfahren überführt werden. Damit wird jeder Ehepartner anhand des individuellen Arbeitslohnes besteuert.
"Wir wollen dafür sorgen, dass die Steuerlast zwischen Ehegatten fair verteilt ist", sagte Lindner. Er betonte zugleich, dass keine Abschaffung des Steuergattensplittings geplant sei.
In Teilen stieß das geplante Steuerpaket auf Kritik bei der Union. Der CDU-Politiker Mathias Middelberg sah in dem Gesetz zwar "durchaus brauchbare und gute Maßnahmen" wie die Anpassung der Steuertarife und die Anhebung der Freibeträge. Das Gesetz gehe aber nicht weit genug.
In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten müsse es "einen kräftigen Wurf geben, eine wirklich gute Steuerreform, die einen nachhaltigen, kräftigen und verlässlichen Anschub gewährleisten würde", sagte Middelberg. "Das werden Sie mit diesem kleinen Würfchen leider nicht auslösen."
Auch die Reform der Steuerklassen lehne seine Fraktion "dezidiert ab", sagte Middelberg. Er nutzte die Debatte auch für eine Generalkritik an der "Ampel". Die Ampel-Parteien hätten kein gemeinsames Konzept mehr. "Daher kommt auch der ganze Streit und die ganzen kleinen, gammeligen Kompromisse", sagte er.
Der AfD-Abgeordnete Klaus Stöber nannte das Steuerpaket mit Blick auf die wirtschaftliche Situation einen "Hohn". "Die Bürger wollen grundlegend entlastet werden, nicht nur beim Grundfreibetrag", sagte Stöber. Christian Görke von den Linken kritisierte, die Steuerentlastungen blieben "größtenteils bei Gut- und Besserverdienenden hängen". Die Kindergelderhöhung sei "lächerlich und ein Armutszeugnis" für die Regierung.
M.Kohnen--JdB