Deutsche Wirtschaft steht hinter Sanktionen gegen Russland
Deutschlands Wirtschaft steht hinter den Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs. "Alle sind der Überzeugung, dass diese Sanktionen notwendig sind", sagte am Donnerstag Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, in der ARD. "Es gibt einen breiten Rückhalt für die Sanktionen", betonte auch DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Die Sanktionen gegen Russland seien "so breit und so intensiv - sie kommen einem Vollembargo gleich", sagte Treier am Donnerstag. Die Folge sei, "dass es in hohem Maße jetzt um die Abwicklung geht", also die Aufgabe der Geschäfte. Es gebe jedoch "keine Stimmen", die dies für falsch oder überzogen hielten, berichtete Treier.
Die Unternehmen machten sich vielmehr Sorgen um die Menschen in der Ukraine. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) habe daher die Initiative #WirtschaftHilft gegründet, um Flüchtende aufzunehmen und Hilfslieferungen in die Ukraine zu ermöglichen.
In Russland waren bislang rund 3650 deutsche Unternehmen tätig, 1050 davon sind Mitglied in der deutsch-russischen Handelskammer. Sie haben laut DIHK 24,5 Milliarden Euro im Land investiert und beschäftigen 280.000 Menschen.
Doch die wirtschaftliche Verflechtung sei schon vor Beginn des Krieges rückläufig gewesen, berichtete Treier. Von 2012, also vor der russischen Annexion der Krim, bis heute habe sich die Zahl der deutschen Firmen in Russland halbiert. Russland sei auf der Liste der deutschen Handelspartner auf Platz 13 nach unten gerutscht - und nur die hohen Verkäufe von Gas, Öl und Kohle nach Deutschland sind der Grund, warum das Land überhaupt dort steht.
Die Zahl der Betriebe in Deutschland mit Geschäftsbeziehungen in Russland bezifferte der DIHK-Außenwirtschaftschef mit rund 40.000. Der Verband geht davon aus, dass im vergangenen Jahr 250.000 Vollzeitstellen an Exporten deutscher Firmen nach Russland hingen. "In diesem Jahr wird es die so nicht geben", sagte Treier. Eine genaue Prognose wage er nicht.
Unabhängig vom Krieg machten der Wirtschaft schon seit Monaten die hohen Preise für Energie und Rohstoffe zu schaffen, erinnerte Treier. Das seien neben dem Fachkräftemangel die drängendsten Probleme. Und schon vor dem Krieg hatte die jährliche Umfrage des DIHK "Going International" Anfang Februar ergeben, dass 54 Prozent der deutschen Unternehmen eine "akute Zunahme" von Handelshemmnissen bei ihren internationalen Geschäften beobachten. Der Wert von 54 Prozent ist der höchste in den vergangenen zehn Jahren.
Der DIHK fürchtet, dass sich die während der Pandemie entstandenen Handelshemmnisse verfestigen und den schon vorher feststellbaren Hang zum Protektionismus beschleunigen. Hinzu kämen nun die gegen Russland verhängten Sanktionen mit noch unklaren Folgen für den Welthandel.
Michael Harms vom Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft betonte außerdem: Eine große Herausforderung bleibe die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas. "Da ist gar nicht die Energieversorgung das große Thema, sondern vor allem Wärmeprozesse in der Industrie und die Heizung", sagte Harms im ARD-"Morgenmagazin". Es habe bereits vor der Eskalation den Beschluss gegeben, sich unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu machen. Dieser Prozess sei durch den Krieg "massiv beschleunigt" worden.
Auch Treier sagte, die Diversifizierung der deutschen Energiebezugsquellen sei nötig. Er rechnete vor: Um die Gaslieferungen aus Russland zu ersetzen, seien die größten 400 der 600 Schiffe weltweit gefüllt mit Flüssiggas (LNG) nötig. "Das ist kurzfristig im Bereich des Unmöglichen." Die Diversifizierung der deutschen Energiebezugsquellen sei nötig.
W.Baert --JdB