Journal De Bruxelles - Prozess gegen Milizenkämpfer aus syrischem Bürgerkrieg in Berlin begonnen

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Prozess gegen Milizenkämpfer aus syrischem Bürgerkrieg in Berlin begonnen
Prozess gegen Milizenkämpfer aus syrischem Bürgerkrieg in Berlin begonnen / Foto: Louai Beshara - AFP/Archiv

Prozess gegen Milizenkämpfer aus syrischem Bürgerkrieg in Berlin begonnen

Vor dem Berliner Kammergericht hat der Prozess gegen einen 55-jährigen Milizenkämpfer aus dem syrischen Bürgerkrieg begonnen. Zu Beginn am Donnerstag verlas eine Vertreterin der Bundesanwaltschaft die Anklageschrift. Dem staatenlosen Moafak D. werden demnach unter anderem Kriegsverbrechen und Mord in sieben Fällen vorgeworfen.

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So soll D. am 23 März 2014 in Syriens Hauptstadt Damaskus aus einer Panzerabwehrwaffe eine Granate in eine Menschenmenge gefeuert haben, die auf die Ausgabe von Lebensmittelpaketen wartete. Dabei seien mindestens sieben Menschen getötet worden. Wenigstens drei weitere, darunter ein sechsjähriges Kind, seien zum Teil schwer verletzt worden.

D. ist deshalb auch wegen versuchten Mordes in drei Fällen angeklagt. Zwei der damals Verletzten nehmen als Nebenkläger am Prozess teil.

Die Tat ereignete sich laut Anklage im Stadtviertel Jarmuk. Dieses war ursprünglich ein Lager für palästinensische Geflüchtete. Zwei Milizen übernahmen dort im Auftrag des syrischen Regimes die Kontrolle im Bürgerkrieg - die "Volksfront zur Befreiung Palästinas Generalkommando" und das "Free Palestine Movement" (FPM). Ab 2012, nach Beginn des Bürgerkriegs, kam es auch in Jarmuk zu Protesten gegen die autoritäre syrische Führung.

Zwischen Juli 2013 und April 2015 riegelten der Bundesanwaltschaft zufolge die beiden bewaffneten Gruppierungen deshalb das Stadtviertel vollständig ab. In der Folge sei es unter den Bewohnern zu einem Mangel an Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung gekommen.

Der Angeklagte soll sich 2013 der FPM angeschlossen haben und am Tattag mit einer Gruppe von ihm befehligter Kämpfer an einem Checkpoint die Essensausgabe durch ein Hilfswerk der Vereinten Nationen überwacht haben.

D. schoss dann der Oberstaatsanwältin zufolge "ohne äußeren Anlass gezielt mitten in die versammelte Menge". Er habe dabei Rache für die Tötung seines Neffen nehmen wollen. Dieser war ein bis zwei Tage zuvor bei einem Schusswechsel mit Kämpfern der "Freien Syrischen Armee" (FSA) getötet worden. Syriens Regierung habe die Bevölkerung in Jarmuk der Kollaboration mit der FSA verdächtigt.

D. wollte sich am Donnerstag nicht zu den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen äußern. Sein Anwalt verlas jedoch eine Erklärung mit Angaben zu seinem Lebenslauf. In dieser gab der 55-Jährige an, zuerst in der Baubranche in Jarmuk und ab 2018 als Bote für eine der Milizen im Viertel gearbeitet zu haben.

Nach Deutschland kam er demnach 2018 in Rahmen einer Familienzusammenführung, hier wurde er im vergangenen Jahr auch verhaftet. Für den Prozess vor einem Staatsschutzsenat wurden Verhandlungstermine bis Ende November angesetzt.

H.Raes--JdB