Zehntausende fordern Gerechtigkeit nach schwerstem Zugunglück in Geschichte Griechenlands
Knapp zwei Jahre nach dem schwersten Zugunglück in der Geschichte Griechenlands haben dort zehntausende Menschen bei erneuten Protesten "Gerechtigkeit" gefordert. Allein in der Hauptstadt Athen versammelten sich am Sonntag nach Polizeiangaben mehr als 30.000 Demonstrierende, in Griechenlands zweitgrößter Stadt Thessaloniki waren es demnach 16.000 Teilnehmer. In mehreren anderen griechischen Städten demonstrierten laut in Online-Netzwerken veröffentlichten Fotos und Videos tausende weitere Menschen.
Parolen wie "Wir vergessen nicht, wir vergeben nicht" und "Gerechtigkeit, nein zur Vertuschung" standen auf den Transparenten der Demonstrierenden, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. In Athen kam es zu Zusammenstößen zwischen Protestteilnehmern und Einsatzkräften der Polizei. Eine Gruppe von Demonstrierenden bewarf die Beamten mit Molotow-Cocktails. Die Polizei habe Tränengas und Blendgranaten eingesetzt, um die Demonstrierenden zu vertreiben, sagte eine Teilnehmerin AFP.
Am 28. Februar 2023 war kurz vor Mitternacht ein Passagierzug auf dem Weg von Athen nach Thessaloniki frontal mit einem Güterzug zusammengeprallt, nachdem die beiden Züge bereits 19 Minuten lang auf demselben Gleis gefahren waren. Bei dem Unglück in der Nähe von Larissa rund 350 Kilometer nördlich von Athen starben 57 Menschen, unter ihnen viele Studenten.
Der Unfall wurde auf menschliches Versagen sowie auf schwerwiegende strukturelle Mängel bei der griechischen Bahn zurückgeführt. Ein neuer Expertenbericht, aus dem vergangene Woche Details an die Öffentlichkeit gedrungen waren, ergab zudem, dass der Güterzug eine "illegale" Fracht geladen hatte, darunter explosive chemische Substanzen, durch die bei der Kollision ein Brand ausgebrochen sei.
In der Folge seien zahlreiche Zuginsassen erstickt, hieß es. In Aufnahmen von Telefonaten zwischen Rettungskräften und in dem Zugwrack eingeschlossenen Menschen, die vergangene Woche in Online-Netzwerken veröffentlicht wurden, schrie eine Betroffene, sie habe "keinen Sauerstoff". In Anspielung darauf trugen am Sonntag Demonstrierende auf dem Athener Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament auch Transparente mit der Aufschrift: "Ich habe keinen Sauerstoff."
W.Dupont--JdB