Initiative zu Entkriminalisierung von Abtreibung - Union kündigt Widerstand an
Drei Monate vor der Bundestagswahl hat eine Gruppe von Abgeordneten eine Initiative zum Konfliktthema Schwangerschaftsabbruch im Parlament eingebracht. Ein am Donnerstag von Vertreterinnen von SPD und Grünen vorgestellter Gesetzentwurf sieht vor, dass der Abbruch bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche rechtmäßig sein soll. Die dreitägige Wartefrist zwischen Beratung und Abbruch soll dabei gestrichen werden. Die Unionsfraktion kündigte entschiedenen Widerstand gegen das Vorhaben an.
Über die Vorlage soll nach dem Willen der Initiatorinnen noch vor der Neuwahl des Bundestags am 23. Februar abgestimmt werden. Demnach hatten bis Donnerstag 236 der aktuell 733 Bundestagsabgeordneten den Antrag unterschrieben. Unterstützung aus den Reihen von Union und FDP gab es aber vorerst nicht.
Sie wisse aber von "etlichen" Abgeordneten, "die heute nicht unterschreiben, aber am Ende zustimmen werden - auch aus den anderen Fraktionen", sagte die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier. Ihr zufolge war die Initiative eigentlich erst für kommendes Frühjahr geplant. Der Bruch der Ampel-Koalition habe den Organisatorinnen aber "die Füße weggezogen", da sie nach den Neuwahlen nicht mehr mit einer "progressiven Mehrheit" im Parlament rechneten.
Es werde angestrebt, dass das Bundestagsplenum in der ersten Dezemberwoche erstmals über die Vorlage debattiere, sagte die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge. Eine Abstimmung könnte dann im Januar erfolgen.
Es sei im Interesse der Initiatorinnen, "dass das nicht ein lautes Wahlkampfthema wird", betonte die Grünen-Vertreterin Ulle Schauws. Es gebe die Chance, dass die Änderung der Gesetzgebung eine Mehrheit finde. Schauws betonte dabei, es habe auch "gute Gespräche mit den Kolleginnen von der Union" dazu gegeben.
"Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden wir uns mit aller Kraft dagegen wehren", sagte aber die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dorothee Bär der Nachrichtenagentur AFP. Sie kritisierte, dass vor den Neuwahlen im Februar "auf den letzten Drücker und zu so einer ethisch-moralisch hochkomplexen Entscheidung über die Beendigung menschlichen Lebens Fakten geschaffen werden sollen". Für die Union komme der Vorschlag "einem Dammbruch unseres Werteverständnisses" gleich.
Die Gruppe der Linken im Bundestag will den Vorschlag unterstützen. Ihre Vorsitzende Heidi Reichinnek sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung". Sie wünsche sich aber "ein Recht auf Beratung" und die Abschaffung der Pflicht.
Bisher ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs verboten. Er bleibt allerdings bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nach einer Pflichtberatung straffrei.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf soll den Abbruch ausdrücklich entkriminalisieren. Die neuen Regelungen sollen nicht mehr im Strafrecht, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert werden. Krankenkassen sollen künftig zudem die Kosten für Abtreibungen übernehmen.
Der Abbruch nach Ende der zwölften Woche soll demnach grundsätzlich rechtswidrig bleiben, kann jedoch - wie nach bisheriger Rechtslage - bei Vorliegen einer medizinischen Indikation bis zum Beginn der Geburt rechtmäßig sein. Voraussetzung dafür ist eine ärztliche Stellungnahme.
W.Dupont--JdB