EU-Staatsanwaltschaft leitet Korruptionsermittlungen gegen hochrangigen EU-Beamten ein
Die Staatsanwaltschaft der EU hat Korruptionsermittlungen gegen einen hochrangigen EU-Beamten eingeleitet. Wie die EU-Ermittler am Freitag mitteilten, steht der ehemalige Leiter der Generaldirektion für Mobilität und Verkehr, Henrik Hololei aus Estland, unter dem Verdacht, teure Geschenke aus Katar angenommen zu haben. Das Verfahren geht auf einen Bericht der französischen Zeitung "Libération" von dieser Woche zurück. Demnach ermittelte die Anti-Korruptionsbehörde der EU (Olaf) gegen Hololei.
Katar soll dem Esten und dessen Familie unter anderem teure Flugreisen, Aufenthalte in Luxushotels und Einkaufstouren bezahlt haben, wie "Libération" unter Berufung auf die Olaf-Ermittlungen berichtete. Hololeis ehemalige Behörde, die Teil der EU-Kommission ist, verhandelte zu dieser Zeit ein Luftfahrtabkommen, von dem die katarische Fluglinie Qatar Airways profitierte.
Die EU-Staatsanwaltschaft leitete ihre Ermittlungen nach eigenen Angaben auf eigene Initiative ein. Weder die Kommission noch die Antikorruptionsermittler hätten die Staatsanwaltschaft über Vorwürfe gegen Hololei unterrichtet. Die Staatsanwaltschaft wies aber darauf hin, dass die EU-Institutionen die Pflicht hätten, auf "jede Art von kriminellem Verhalten" in ihren Kompetenzbereichen hinzuweisen.
Das Nachrichtenmagazin "Politico" hatte bereits 2023 über Reisen Hololeis im Zeitraum von 2015 bis 2021 nach Katar berichtet, die demnach von der Regierung des Emirats oder nahestehenden Organisationen bezahlt worden sein sollen. Die EU-Ombudsfrau Emily O'Reilly hatte daraufhin im März 2023 von der Kommission gefordert, den Vorwürfen gegen Hololei nachzugehen.
Die Kommission versicherte am Donnerstag, sie habe im Fall Hololei "schnell reagiert". Die Antikorruptionsbehörde habe ihre Ermittlungen bereits im Juli abgeschlossen, der Fall sei an die Disziplinarbehörde der Kommission weitergeleitet worden, deren Untersuchungen sich noch in einem frühen Stadium befänden, sagte ein Sprecher.
Hololei reagierte nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP zu einer Stellungnahme. Er war im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen ihn auf einen Posten als Berater innerhalb der EU versetzt worden, den der 54-Jährige weiter inne hat.
Die Vorwürfe folgen auf die "Katargate"-Affäre, in der das EU-Parlament im Mittelpunkt stand. Insgesamt wurden im Zuge des Skandals rund 1,5 Millionen Euro an Bargeld beschlagnahmt. In der Affäre ging es um mutmaßliche Versuche des Golfemirats Katar sowie Marokkos, Vertreter des EU-Parlaments zu bestechen. Beide Länder wiesen die Vorwürfe zurück.
Als Konsequenz hatte das Europaparlament Ende April die Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums für die EU-Institutionen gebilligt. Die Organisation Lobbycontrol kritisierte jedoch deren mangelnde Umsetzung.
R.Verbruggen--JdB