95 Tote bei Flutdesaster in Spanien - Berlin und Brüssel bieten Hilfe an
Bei der Flutkatastrophe in Spanien sind mindestens 95 Menschen ums Leben gekommen. Die Behörden rechneten am Mittwoch damit, dass die Opferzahl noch weiter steigen wird. Am schlimmsten betroffen ist die östliche Region Valencia. Die Regierung rief eine dreitägige Staatstrauer ab Donnerstag aus.
Die Zahl der verzeichneten Todesopfer war im Laufe des Mittwoch immer weiter gestiegen. Am Abend nannte der Minister für Territorialpolitik, Ángel Víctor Torres, im Fernsehsender TVE die Zahl von mindestens 95 Toten, davon 92 in der Region Valencia, zwei in Kastilien-La Mancha und einer in Andalusien. Diese Bilanz sei "vorläufig" fügte er hinzu. "Leider deutet alles darauf hin, dass diese Zahl noch steigen wird."
In der Region Valencia waren laut dem Stromversorger Iberdrola 155.000 Haushalte ohne Strom. Auch die Telefonverbindungen fielen teilweise aus. Einige Straßen waren nicht passierbar. Flug- und Bahnverkehr waren ebenfalls beeinträchtigt.
Die sintflutartigen Regenfälle in Ost- und Südspanien hatten am Dienstag begonnen und die Straßen mit schlammigen Wassermassen geflutet. Zudem wehten starke Winde.
Die Wetterbehörde Aemet verzeichnete "außergewöhnliche Regenmengen". In einigen Gemeinden fielen demnach 300 Liter Wasser pro Quadratmeter in wenigen Stunden. Im Ort Chiva waren es demnach sogar 491 Liter in nur acht Stunden. "Das ist praktisch die Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres", teilte die Behörde im Onlinedienst X mit.
"Es hat zehn Stunden ohne Unterlass geregnet", sagte José Manuel Rellán aus Ribarroja de Turia, einer nahe der Großstadt Valencia gelegenen Gemeinde, der Nachrichtenagentur AFP. "Die Straßen sind alle abgeschnitten, die Brücken sind zerstört." In dem 22.000-Einwohner-Ort war in der Nacht der Fluss Turia über die Ufer getreten. Viele Bewohnerinnen und Bewohner waren in ihren Häusern oder Autos eingeschlossen.
Zudem mussten dutzende Arbeiter in Ribarroja de Turia wegen der Fluten über Nacht in einem Industriekomplex ausharren. "Die Einsatz- und Rettungskräfte waren überwältigt. Es waren so viele Orte betroffen, dass sie es nicht überall hingeschafft haben", sagte die Stadträtin Esther Gómez der AFP.
Eine Bewohnerin des Dorfes L'Alcudia in der Region Valencia sagte auf TVE, der Fluss sei innerhalb von "drei bis vier Minuten" über die Ufer getreten. "Die ganze Landschaft hat sich in sehr kurzer Zeit komplett verändert", fügte sie hinzu. In einem Vorort von Valencia türmten sich von den Wassermassen angespülte Autos aufeinander.
Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte in einer Fernsehansprache, "wir können nicht davon ausgehen, dass diese katastrophale Episode schon beendet ist". Er rief die Bewohner dazu auf, sich vorsichtig zu verhalten.
Sánchez habe mit König Felipe VI. gesprochen und ihn darüber informiert, dass ab Donnerstag eine dreitägige Staatstrauer gelte, sagte Territorial-Minister Torres. Der König schrieb sprach den Angehörigen der Opfer im Onlinedienst X sein Beileid aus und dankte den Einsatzkräften für ihre "titanischen" Anstrengungen.
Die Regierung schickte laut Verteidigungsministerin Margarita Robles mehr als 1000 Spezialkräfte der Armee und Hubschrauber in die Region Valencia. Zudem waren 1500 Polizisten im Einsatz. In einigen der betroffenen Regionen hörte es am Mittwoch auf zu regnen.
Seit 1996 waren bei einem Hochwasser in Spanien nicht mehr so viele Menschen ums Leben gekommen. Damals starben 86 Menschen in der nördlichen Provinz Huesca.
Die Bundesregierung und die Europäische Union sagten Hilfe zu. Die EU habe ihr Copernicus-Satellitenssystem aktiviert, um den spanischen Rettungskräften zu helfen, teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei X mit. Zudem werde der Zivilschutz unterstützt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilte bei X mit, die Bundesregierung stehe im "Austausch mit Spanien, was mögliche Hilfeleistungen angeht". Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Überschwemmungen "eine schreckliche Naturkatastrophe". Wenn Deutschland mit den Katastrophenhelfern und Bergungsspezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) helfen könne, "dann werden wir helfen", erklärte sie. Die Hilfe könne über den EU-Katastrophenschutzmechanismus koordiniert werden.
Nach Angaben von Wissenschaftlern werden extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hitzewellen und Stürme durch den Klimawandel verstärkt.
W.Lejeune--JdB