Journal De Bruxelles - Europaweite Großrazzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta aus Italien

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Europaweite Großrazzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta aus Italien
Europaweite Großrazzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta aus Italien / Foto: Alex Talash - AFP

Europaweite Großrazzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta aus Italien

Mit mehr als 130 Festnahmen und dutzenden Hausdurchsuchungen ist die Polizei in Deutschland und anderen europäischen Ländern gegen die Mafia vorgegangen. An der "Operation Eureka" gegen die kalabrische 'Ndrangheta waren am Mittwoch tausende Polizeibeamte in zehn Ländern beteiligt, unter anderem auch in Italien, Belgien und Frankreich. Den Razzien gingen jahrelange Ermittlungen deutscher, belgischer und italienischer Behörden in enger Zusammenarbeit mit Europol voraus.

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"Es ist wahrscheinlich der größte Einsatz, der jemals in Europa gegen die kalabrische Mafia stattgefunden hat", sagte der Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft, die nach vierjährigen Ermittlungen den Anstoß für die Großrazzia gegeben hatte.

Nach Angaben der europäischen Polizeibehörde Europol rückten mehr als 2770 Polizeibeamte in zehn Ländern aus, neben den acht europäischen Ländern Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Portugal, Slowenien, Spanien und Rumänien auch in Brasilien und Panama.

132 mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta wurden laut Europol festgenommen. Ihnen werden demnach Straftaten wie Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Drogenschmuggel, Waffenhandel, Geldwäsche, Betrug und verschiedene Steuerstraftaten zur Last gelegt.

Die 'Ndrangheta ist Italiens mächtigste und reichste Mafiaorganisation. Sie kontrolliert den Großteil des Kokainschmuggels nach Europa und ist weltweit in mehr als 40 Ländern aktiv.

Die meisten Festnahmen gab es nach Angaben der italienischen Behörden in Italien, gefolgt von Deutschland und Belgien. In Italien, Deutschland, Frankreich und Portugal wurden Vermögenswerte im Gesamtumfang von 25 Millionen Euro beschlagnahmt. Nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft gab es insgesamt 150 Durchsuchungen, an denen allein 1400 Polizisten in Italien und mehr als tausend Polizisten in Deutschland beteiligt waren.

In Deutschland lag der Schwerpunkt der Razzien nach offiziellen Angaben in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Thüringen. Die Polizei durchsuchte Wohn- und Geschäftsräume an zahlreichen Orten und vollstreckte mehr als 30 Haftbefehle. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, mit dem Großeinsatz hätten die Behörden der 'Ndrangheta "einen empfindlichen Schlag versetzt".

In Nordrhein-Westfalen durchsuchten rund 500 Einsatzkräfte mehr als 50 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsräume und vollstreckten 15 Haftbefehle. In Bayern gelang den Behörden nach eigenen Angaben ein für die internationalen Ermittlungen entscheidender Schlag: Sie konnten ein Kryptohandy eines der wichtigsten Verdächtigen identifizieren, als sich dieser in Bayern aufhielt.

In Bayern ermittelten die Behörden gegen insgesamt acht Verdächtige, gegen vier Verdächtige wurden EU-Haftbefehle vollstreckt. In einem Geschäftsraum wurden dem bayerischen Landeskriminalamt zufolge mehrere Kilogramm Marihuana beschlagnahmt. Auch in Thüringen, Rheinland-Pfalz und im Saarland wurden insgesamt elf Haftbefehle vollstreckt und mehr als 50 Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht.

Die Großrazzia richtete sich den Angaben zufolge gegen ein Mafianetzwerk, hinter dem mehrere 'Ndrangheta-Familien aus San Luca in der süditalienischen Provinz Reggio Calabria stehen. Eine Fehde zwischen zwei rivalisierenden Clans aus San Luca hatte 2007 zu den brutalen Mafiamorden vor einer Duisburger Pizzeria mit sechs Toten geführt.

Das am Mittwoch zerschlagene Netzwerk war laut Europol vor allem im Drogenhandel von Südamerika nach Europa und Australien aktiv. Es habe Verbindungen zum kolumbianischen Golfkartell und zu einer albanischsprachigen Gruppe, die in Ecuador und ganz Europa aktiv sei.

Die italienischen Behörden leiteten ihre Ermittlungen nach eigenen Angaben im Juni 2019 auf Ersuchen Belgiens ein. Sie konzentrierten sich demnach zunächst auf eine in der belgischen Stadt Genk ansässige Familie aus San Luca. Ein belgischer Polizist berichtete vor Journalisten in Italien, wie er und mehrere Kollegen sich mit Verdächtigen in Belgien anfreundeten - und schließlich sogar zusammen in San Luca Urlaub machten. Die vermeintliche Freundschaft habe es den Ermittlern ermöglicht, wichtige Beweise gegen die 'Ndrangheta zu sammeln.

D.Verstraete--JdB